Gorini's interpretation of the "Art of Fugue" is a very mature achievement
On the way to the Bach Summit
Welchem Instrumentarium Bach seine späte „Kunst der Fuge“ zugedacht hatte, entzieht sich unserer Kenntnis. Weitestgehend Einigkeit herrscht inzwischen über die Tasteninstrument-These. Auf (Pedal) Cembalo und Orgel lässt sich das Werk jedenfalls darstellen. Der in Bergamo geborene und dort ausgebildete Filippo Gorini (Jahrgang 1995) präsentiert Bachs d-Moll-Kompendium auf dem Klavier. Bei dieser Doppel-CD agiert der Italiener kantabel und mit der auf dem Klavier möglichen Klarheit, die ja beträchtlich sein kann. Subtil eingesetzt wird der Parameter Klangfarbe. Gorini verfährt sehr sorgsam, schiebt sich nie in den Vordergrund. Legato-Kunst mit der Fähigkeit zu feiner Differenzierung nimmt breiten Raum ein. Ohne jemals wirklich laut zu werden, ist die Dynamik Mittel zum Zweck.
Bachs intellektueller Konstruktivismus erhält hier ein sinnliches Gepräge. Die Transparenz überzeugt. Beim Klavierlyriker Gorini werden die einzelnen Stücke zu Individuen, die ihren festen Platz im Gesamtgefüge haben. Da finden sich mitunter Exempel, die der Interpret geradezu energisch angeht – etwa den Oktavkanon. Man begegnet aber auch dem (fast romantischen) Nacht- stück – wie Gorini überhaupt eher bedächtig spielt. Ein junger Pianist unterwegs zu Bachs Kontrapunkt-Gipfel. Werkdienlich und selbstbewusst. Aber auch mit Respekt – der sich unter anderem darin zeigt, dass die finale Quadrupelfuge Fragment bleibt und auf die problematische Choralabrundung verzichtet wird. Gorinis Auslegung der „Kunst der Fuge“ ist eine sehr reife Leistung.