"Eine wirklich großartige, zu Herzen gehende interpretation"
Verschmelzung von Rasanz und Tiefe - Filippo Gorini brilliert mit Beethovens Spätwerk
Der junge Italiener Filippo Gorini fiel schon 2015 bei der Bonner Beethoven Competition der Telekom durch seine tiefgründigen Interpretationen der Werke Ludwig van Beethovens auf. Der damals erst 20-jährige Pianist machte es der Jury sehr leicht, sich auf ihn als Sieger zu einigen. Fast fünf Jahre später bringt er nun ein Album heraus, das zwei zentrale Klaviersonaten aus dem Spätwerk des Komponisten verbindet: Die sogenannte "Hammerklaviersonate" op. 106 in B-Dur und die letzte Klaviersonate op. 111 in c-Moll. Die Sonate op. 111 spielte er in Bonn zuletzt zur Verleihung des Beethoven-Rings der Bürger für Beethoven, der ihm im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses verliehen wurde. Dorthin kehrte Gorini im August vergangenen Jahres wie der zurück, um den Saal als Aufnahmestudio zu nutzen. Die Magie des Ortes verfehlte ihre Wirkung nicht: Gorini ist eine Interpretation der beiden Klaviersonaten gelungen, die technisch souveränes Klavier spiel und geistige Durchdringung der komplexen Werke auf glückliche Weise miteinander verbindet.
Die "Hammerklaviersonate" beginnt er in einem rasanten Tempo, das zwar nicht die Rekordmarken von Arthur Schnabel oder Michael Korstick bei ihrem Versuch, Beethovens eigene Metronomangaben umzusetzen, erreicht, aber dennoch die meisten Interpreten hinter sich lässt. An Gorinis Interpretation muss man bewundern, wie genau er das Tempo dosiert, um die Musik selbst bei voller Fahrt nicht gehetzt wirken zu lassen. Hier ist alles Ausdruck. Dabei wird keine Note zur Nebensache, je des Motiv, jede melodische Floskel, jede Phrase wird sorgfältig zu Ende geführt. Nach dem ebenfalls ziemlich rasanten Scherzo wird das Adagio zu einer 20-minütigen Meditation, die Gorini wie eine spirituelle Meditation zelebriert. In der gewaltigen Schlussfuge der "Hammerklaviersonate" überzeugt der Italiener schließlich durch die Transparenz, die er dem Satz verleiht. Im Booklet beschreibt Gorini die Begegnung mit Beethovens späten Werken als metaphysische Erfahrung. In dieser Musik formuliere Beethoven den Willen, "einen härteren, schrofferen Inhalt auszudrücken als je zuvor mit den Mitteln der Musik versucht wurde, aber auch die Gewissheit, von dort einen Weg zu finden, der zur Erlösung, zur Zärtlichkeit, zum Frieden als höchster mystischer Herrlichkeit führt". Gerade im zweiten, abschließenden Satz der Sonate weist Gorini den Hörer diesen Weg Das Arietta-Thema spielt er vollendet einfühlsam und schön, entwickelt eine Spannung die sich im rhythmischen Rausch der vierten Variation explosionsartig entlädt um danach sich in eine pure, endlose Klanglandschaft aufzulösen. Eine wirklich großartige, zu Herzen gehende interpretation.