"Gorini ist ein grandioser Beethoven-Interpret" ★★★★★
Schon auf seinem Debüt-Album 2017 hat der Italiener Filippo Gorini, der 2015 den Beethoven-Wettbewerb in Bonn gewann, seine besondere Hingabe für Beethovens Klavierwerke gezeigt und mit den Diabelli-Variationen direkt ein Muster an Interpretation geliefert. Im August vergangenen Jahres ging er - wie zuvor - wieder ins Beethoven-Haus Bonn, um nun die beiden Sonaten Op. 106 und Op. 111 einzuspielen. Und er beginnt mit der großen Hammerklaviersonate Op. 106 so vehement und voller Temperament als hätte er nie etwas anderes gespielt. Und die Frage nach dem Tempo in dieser Sonate löst er einfach und eindeutig: Mit durchdringender Sicherheit lotst er die Musik durch ein wahnwitzig hohes Tempo, ohne dabei die Details zu vernachlässigen. Das ist wirklich grandios. Denn man hat niemals das Gefühl, Gorini würde die Musik, “jagend" spielen oder unter Hochdruck. Vielmehr vermag er die Zusammenhänge wunderbar kristallin darzustellen. Den 2. Satz sieht er wie ein unwirsches Vorspiel zu dem fast ätherisch wirkenden 3. Satz, den er aber nicht zerdehnt, sondern in einer vor allem dynamisch hochsensiblen , beeindruckenden Stringenz zu interpretieren versteht und so alle Nuancen des Lieblichen wie des Leids durchwandert, bevor er den Rausch des Schlusssatzes mit Verve und die Fuge formal bestechend scharf gestaltet. Opus 111 ist von “anderem Holz". Doch auch hier weiß Gorini die Tiefe der musikalischen Aussagen in der Zerrissenheit der Satzstruktur zusammenzuhalten, vermag die Aria so wunderbar zu “singen", dass man am Ende fast enttäuscht hört, dass dieser Satz ein Ende findet. Gorini ist ein grandioser Beethoven-Interpret und leistet mit dieser Aufnahme einen großartigen Beitrag zum Beethoven-Jahr .